Zucker in antimikrobiellen Polymeren: Einfluss auf Wirkung und Verträglichkeit

Abb. 1: QCM-D-Messung der Bindungsaffinität eines Polymers an einer RBC (red blood cells)-Lipid-Membran (∆f: Frequenzänderung; ∆D: Dissipationsänderung): Liposom-Suspension (0,5 mg/ml): Bildung einer Lipid-Doppelschicht (II); Polymer (IV); Spülung mit MilliQ-Wasser (VI) und mit SDS (Natrium-DodecylSulfat) (VII) [PBS: Spülung mit PBS, engl. für Phosphat-gepufferte Salzlösung]
Einleitung
Da Bakterien zunehmend unempfindlich gegenüber Antibiotika werden (antimikrobielle Resistenzen), werden neue Ansätze zur Bekämpfung von Infektionen benötigt. Eine Möglichkeit sind antimikrobielle Polymere (APs), die Bakterienmembranen zerstören können und oft unabhängig von bekannten Resistenzmechanismen wirken. Das Problem: Sie können auch menschliche Zellen angreifen.
Ein Lösungsansatz ist, Zuckermoleküle in die Polymere einzubauen. Diese Zucker können gezielt mit bestimmten Proteinen (Lektinen) auf Bakterienoberflächen reagieren. Man hofft, dadurch zwischen verschiedenen Bakterienarten zu unterscheiden und die Verträglichkeit mit menschlichen Zellen zu verbessern. Bisher wurde dies aber kaum untersucht.
Was wurde gemacht?
Die Forschenden haben eine Reihe von kationischen (positiv geladenen) Polymeren hergestellt, in die verschiedene Zucker eingebaut wurden, z. B. Fucose, Glucose, Mannose und Laktose. Dann wurde untersucht, wie diese sogenannten Glykopolymere mit Bakterien, künstlichen Zellmembranen, Roten Blutzellen und Lektinen (Proteinen) reagieren.
Die Ergebnisse
Antibakterielle Wirkung: die verschiedenen Glykopolymere wirkten gegen gramnegative Bakterien, meist aber nicht gegen grampositive Bakterien wie Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA). Eine Ausnahme waren modifizierte Polymere mit Laktose, die auch Aktivität gegen MRSA zeigten.
Die Verträglichkeit der Polymere mit Blut (Hämokompatibilität), ein wichtiges Maß für die Verwendung in der Humanmedizin, konnte durch die Einführung der Zuckerkomponenten deutlich verbessert werden. Alle Zucker-Polymere waren besser verträglich für Blutzellen als Polymere ohne Zucker. Das liegt wahrscheinlich an der besseren Wasserlöslichkeit der GlykoPolymere. Diese wurde mit Tests zur Oberflächenspannung nachgewiesen.
Der Wirkmechanismus der Polymere bleibt auch für die Glykopolymere erhalten: Die Polymere konnten Membranen durchlässig machen, was mit Farbstoffen nachgewiesen wurde. Sie führten auch zur Verklumpung von Membran-Vesikeln.
Messungen mit der Quarzmikrowaage von QSense (QCM-D: Quartz Crystal Microbalance with Dissipation monitoring): diese Technik zeigte in verschiedenen Versuchen, wie sich die Polymere an Membranen anlagern und mit Lektinen binden. Wichtigste Erkenntnis: Die elektrostatische Anziehung (also die elektrische Ladung) ist entscheidend für die Anbindung an die Membran – nicht so sehr die spezifische Zucker-Lektin-Wechselwirkung.

Abb. 3: QCM-D-Messungen der Bindungsaffinität des Polymer S und des Glykopolymers S+Lac20 mit Lektin (ECL). Links: Darstellung von ∆f: Frequenzänderung und ∆D: Dissipationsänderung; Rechts: Massenadsorption pro Fläche; Adsorption von Polymer (II); ECL (Lektin) (IV); Polymer (VI); HEPES: Spülung mit Puffer (Phasen (I), (III), (V), (VII)); MilliQ: Spülung mit MilliQ-Wasser (VIII)
Fazit
Zucker machen kationische antimikrobielle Polymere verträglicher für Blutzellen, ohne dass die Polymere die Wirkung gegen gramnegative Bakterien verlieren. Für grampositive Bakterien wie MRSA scheint insbesondere Laktose nützlich zu sein. Die spezifische Bindung zwischen Zucker und Lektinen spielt gegenüber elektrostatischen Wechselwirkungen eine untergeordnete Rolle.
Diese Erkenntnisse helfen, neue antimikrobielle Materialien zu entwickeln, die wirksamer und gleichzeitig besser verträglich für den Menschen sind. Künftig könnte man etwa gezielt Systeme entwickeln, bei denen elektrostatische und spezifische Bindungen unabhängig voneinander gesteuert werden.
Quelle
Bapolisi, A. M., et al. (2025). Zucker in antimikrobiellen Polymeren (DOI: 10.1002/admi.202500273). Advanced Materials Interfaces. Die ORCID-Identifikationsnummern der Autor:innen sind über den DOI-Link abrufbar.
Ansprechpartner
| +49 6157 80710-24 | |
| +49 6157 80710924 | |
| E-Mail schreiben |

