Die Arbeitsgruppe von Professor Gutfleisch – zweimal 14 Tesla und ein Fußballturnier
Wer mit dem Auto nach Darmstadt reist, den empfängt das Ortsschild mit den Worten „Wissenschaftsstadt Darmstadt“. Eine Vielzahl bekanntenr wissenschaftlicher Einrichtungen ist in Darmstadt beheimatet – unter anderem die Technische Universität, welche über die Landesgrenzen hinweg einen sehr guten Ruf genießt.
Deshalb freut es uns als Darmstädter besonders, dass nun an der TU zwei PPMS-Systeme mit je einem 14-Tesla-Magneten installiert sind, die beide durch Prof. Gutfleisch und seine Mitarbeiter betreut werden. Die Bereitstellung einer vollständigen Helium-Infrastruktur im Labor von Prof. Gutfleisch ist auch die Grundlage für die Gründung des Gemeinschaftslabors Magnetismus zwischen der TU Darmstadt und der Fraunhofer Projektgruppe IWKS.
Prof. Gutfleisch ist im Fachbereich „Materialwissenschaften“ tätig und leitet dort das Fachgebiet „Funktionale Materialien“. Eines seiner Forschungsschwerpunkte sind Permanentmagnete. Auch wenn man es kaum glaubt, so würden ohne Hochleistungsmagnete viele Dinge nicht möglich sein, besitzt doch der moderne Mensch 50 bis 100 solcher Magnete. Moment mal, wird da der eine oder andere Leser denken, so viele Magnete habe ich aber nicht an meinem Kühlschrank ... Vielfach sind die Magnete nämlich versteckt, in Mobiltelefonen zum Beispiel (Mikrofon, Lautsprecher, Motor des Vibrationsalarms). Die Liste der Gegenstände die mindestens einen Magneten enthalten ist lang und umfasst natürlich auch Elektromotoren beliebiger Größe und Leistung. Wie auch Windkraftanlagen, im Zuge der Energiewende eine wichtige Komponente zur Stromerzeugung. Der Bedarf an Magneten sollte also in Zukunft weiter zu nehmen. Problematisch ist, dass viele Hochleistungsmagnete die Seltenerden-Elemente Neodym und Dysprosium enthalten – beides Elemente, die aktuell zum überwiegenden Teil in China gefördert werden. Hier ist es aus vielerlei Sicht wünschenswert, dass die relativen Anteile dieser Elemente reduziert werden, bei gegebenen magnetischen Eigenschaften. Auch ein Magnet ganz ohne Seltenerden-Elemente ist eines der Forschungsziele. Eisen-Kobalt-Legierungen sind vielversprechende Kandidaten (hohe Magnetisierung und hohe Curie-Temperatur, aber geringe magnetische Anisotropie). Zumindest bei einer dünnen magnetischen Schicht (Speichermedien, Computer, …) kann dieses Material verwendet werden. Hier gibt das Trägermaterial der Legierung eine zeitlich-stabile Struktur vor. Und weil das Interesse an dem Forschungsthema „Permanentmagnete“ groß ist, gibt es an der TU Darmstadt ein interdisziplinäres Projekt mit dem Namen RESPONSE („Ressourcenschonende Permanentmagnete durch optimierte Nutzung Seltener Erden“) und ist eines der LOEWE-Schwerpunkte der hessischen Landesregierung (LOEWE: Landes-Offensive zur Entwicklung wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz), welcher von Prof. Gutfleisch koordiniert wird. Ein weiterer Forschungsschwerpunkt von Prof. Gutfleisch ist die Magnetokalorik („Magnetische Kühlung“) von der man spricht, wenn eine Substanz ihre Temperatur bei Änderungen des Magnetfeldes ändert. Eine Anwendung ist beispielsweise ein Kühlschrank, der ohne Kompressor funktioniert und dadurch weniger Strom verbraucht.
Die Abbildung oben zeigt eine Beispielmessung, welche in der AG Gutfleisch mit dem PPMS (und der QD-Druckzelle) durchgeführt wurden. Aufgetragen ist die Magnetisierung als Funktion der Temperatur der magnetokalorischen Heusler-Legierung Ni45.7Mn36.6In13.5Co4.2 in einem externen Magnetfeld von 1 Tesla unter verschiedenen Drücken von 0, 4,5 und 8 kBar. Die isotherme Entropie-Änderung ΔST als Funktion der Temperatur in verschiedenen Magnetfeldänderungen (1-T-Kreise, 2-T-Dreiecke) und Drücken wurde aus den temperaturabhängigen Magnetisierungsdaten mittels der Maxwell-Beziehung errechnet (Publiziert in: T. Gottschall et al. „Contradictory role of the magnetic contribution in inverse magnetocaloric Heusler materials”, Phys. Rev. B 93 (2016) 184431).
Darmstadt ist nicht nur Wissenschaftsstadt, sondern auch Sportstadt. Bundesweit bekannt durch den Bundesligisten SV Darmstadt 1898 („die Lilien“), die in der letzten Saison mit Herz und Teamgeist den Klassenerhalt geschafft haben, trotz des von vielen Experten vorhergesagten Abstiegs. Da lag es nahe, dass man in der Sportstadt mal die Wissenschaft Wissenschaft sein lässt (das PPMS misst ja auch alleine …) und sich von Darmstädter zu Darmstädter auf ein Fußballspielchen trifft. Der Besprechungsraum wurde kurzerhand zur Tischkicker-Arena umfunktioniert und das Messe-Poloshirt mutierte zum Fußball-Trikot.
Es war ein gelungener und kurzweiliger Abend mit spannenden Spielen. Prof. Gutfleisch und seinem Team danken wir herzlich für die Ausrichtung. Weitere Informationen zu der Arbeitsgruppe von Prof. Gutfleisch inklusive Kontaktdaten finden Sie auf der Internetseite: www.mawi.tu-darmstadt.de/fm
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