Viren – sehr sehr kleine Lipidkugeln mit Achillesferse

Die Corona-Pandemie begleitet uns jetzt schon über 1,5 Jahre. In dieser Zeit haben wir nicht nur die unglaublich schnelle Entwicklung neuer Impfstoffe, sondern sogar neuer Impfstoff-Klassen gesehen. Dennoch konnten wir nicht verhindern, dass Covid-19 viele Opfer gefordert hat, viele Menschen an langen Nachwirkungen der Krankheit und viele Länder unter den ökonomischen Auswirkungen leiden. Selbst wenn diese Pandemie überstanden ist, muss – so glauben viele Expertinnen und Experten – die Möglichkeit weiterer Virus-Pandemien in der Zukunft als sehr wahrscheinlich angesehen werden. In dem Webinar „How do we stop the next pandemic from an unknown virus” stellt Prof. Nam-Joon Cho von der Technischen Universität Nanyang in Singapur ein Vorgehen zur Virusbekämpfung vor, das über die Auffassung von traditioneller Virologie hinausgeht und einen materialwissenschaftlichen Ansatz verfolgt. Dabei wird die lipid-basierte Virushülle als Zielmaterial verstanden, das den meisten Viren gemeinsam ist. Wenn ein Wirkstoff gefunden werden könnte, der spezifisch diese Hülle aus Lipiden angreift, könnte ein Medikament entwickelt werden, das unspezifisch gegen viele Viren wirkt.

Das LEAD-Konzept (Lipid Envelope Antiviral Disruption) – Angriff auf die Achillesferse der umhüllten Viren

„Wenn es möglich ist, diese Lipidhülle von Viren zu zerstören, können wir eine Virusinfektion verhindern“, sagt Prof. Cho über das LEAD-Konzept, das als eine antivirale Technologie der nächsten Generation entwickelt wurde.“

Aufbau der Plattform

„Wir haben das LEAD-Konzept anhand eines Modellsystems demonstriert, das auf einem von einer Mücke übertragenen Virus und einem RNA-Virus basiert, die alle eine Lipidhülle haben. Eine der von uns verwendeten Wirkstoffscreening-Plattformen war QCM-D, die Schwingquarzmikrowaage von QSense.“
„Der Ursprung der Entdeckung der LEAD-Methode geht auf ein Projekt zum Hepatitis-C-Virus zurück, bei dem wir das so genannte AH-Peptid verwendeten“, erklärt Prof. Cho. „Im Jahr 2004 haben wir gezeigt, dass dieses AH-Peptid ein sehr interessantes Verhalten zeigt, wenn es mit Lipidmembranen interagiert. Wir entdeckten, dass, wenn eine Ansammlung von Lipidvesikeln einer bestimmten Größe, z. B. 30, 50 oder 100 nm, die auf einer Oberfläche sitzen, dem AH-Peptid ausgesetzt wird, das Peptid nicht nur an die Lipidoberfläche bindet, wie wir erwartet hatten. Stattdessen stellten wir fest, dass das AH-Peptid an die Lipidvesikel bindet und die Vesikel dann aufbrechen, um eine Doppelschicht zu bilden. Dieser Bindungs- und Bruchprozess kann mit der QCM-D-Technologie direkt verfolgt werden“, erklärt Prof. Cho.
„Zum Zeitpunkt dieser Studie habe ich das Modellsystem nicht mit künstlichen Viruspartikeln korreliert, aber später begann ich mich zu fragen, ob das AH-induzierte Aufbrechen der Vesikel von der Vesikelgröße abhängt. Um diese Hypothese zu untersuchen, stellten wir künstliche Vesikel unterschiedlicher Größe her, um die verschiedenen Populationen von Viren mit Lipidhülle zu repräsentieren“, sagt Prof. Cho. Die Studie zeigte, dass die Ruptureffizienz tatsächlich von der Größe der Vesikel abhängt.
„Anschließend stellten wir eine direkte Korrelation mit In-vitro-Virustests für zwei verschiedene Modellsysteme her: Hepatitis C, dessen Lipidhülle 50 nm groß ist, und Vaccinia-Virus mit einer Hüllengröße von 360 nm. Das LEAD-Konzept funktioniert bei ersterem, aber nicht bei letzterem“, sagt Prof. Cho.

Ein antiviraler Ansatz mit breitem Wirkungsspektrum

„Die LEAD-Strategie wirkt gegen ein breites Spektrum von Viren, die für die klinische Medizin und die biologische Verteidigung von Bedeutung sind“, sagt Prof. Cho. „Wir haben jetzt gezeigt, dass die LEAD-Therapie die ZIKV-Infektion bei Mäusen hemmt. Und man kann sie auf unbekannte Viren mit ähnlichen physikalischen Eigenschaften wie Zika ausweiten, d. h. Viren mit einer Lipidhülle und einer Größe von weniger als 150 nm.“
Erfahren Sie mehr über die LEAD-Strategie in einem Webinar, in dem Prof. Cho die verschiedenen Studien und Plattformdesigns im Detail beschreibt und wie er und sein Team die Herausforderung angehen, sich auf die nächste Pandemie vorzubereiten.

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