Eigenspannungen können sowohl schädliche als auch nützliche Wirkungen entfalten – ihre Bestimmung ist daher wichtig. Über die Ermittlung von Eigenspannungen mit Hilfe der Nanoindentation gibt es zahlreiche Publikationen. Fast allen Methoden ist gemein, dass von einem idealen biaxialen Spannungszustand ausgegangen wird, und damit beispielsweise Scherspannungen oder komplexe dreidimensionale Zustände unberücksichtigt bleiben. Inzwischen werden speziell entwickelte Eigenspannungszustände bzw. -profile auch dazu verwendet, Oberflächen ganz gezielt gegenüber bestimmten Anwendungen zu stabilisieren ohne dass dabei die Schichtmaterialien verändert werden müssen. Für eine moderne Oberflächenoptimierung, die lediglich die gezielte Variation des Spannungszustands zugrunde legt, ist eine hochaufgelöste Kenntnis der intrinsischen Spannungen unabdingbar. Bei der Bestimmung von Eigenspannungen muss daher streng zwischen lokalen und integralen Methoden unterschieden werden. Röntgenbeugungs- und Biegemethoden gehören zu den integralen Messungen, während Indentermethoden und FIB-basierte Techniken den lokalen Methoden zuzuordnen sind.
Theorie
Um Eigenspannungen lokal und Tensor-aufgelöst mittels Kontaktexperimenten zu ermitteln, werden vollständige, dreidimensionale Lösungen sowohl für allgemeine Kontaktsituationen, als auch für die Eigenspannungen benötigt. Erst dann kann mit Hilfe von Referenzen (wie hier) oder Mischlastversuchen der Eigenspannungszustand aus einer Kontaktmessung extrahiert werden.
Messung mit Referenzprobe
Neben einer geeigneten Hypothese über die mögliche Charakteristik der Eigenspannungen muss auch eine Referenz mit bekanntem Eigenspannungszustand vorliegen. Mit Hilfe der Theorie und einem Marker kann auf die Eigenspannungen in der Vergleichsprobe geschlossen werden. Sind die Eigenspannungen in der Referenz absolut bekannt, können auch Absolutwerte in der Vergleichsprobe ermittelt werden, andernfalls sind vergleichende Studien möglich. In dieser Untersuchung wurden mit Hilfe des Nanoindenters NanoTest Vantage von Micro Materials tiefenregistrierende Härtetests an Stahlblechen ausgewertet, in die zuvor durch mechanische Bearbeitung (Schneidvorgänge) mechanische Spannungen eingebracht wurden. Im Vergleich mit einer als spannungsfrei angegebenen Referenzmessung können die Eigenspannungen ermittelt werden. Als Marker wurde die aus den Indentationsversuchen bestimmte Fließgrenze verwendet. In der Rechnung wurde als Maximum für die vergleichende Auswertung die von-Mises-Spannung verwendet. Dabei wurden komplexere Misch-Eigenspannungszustände untersucht. Abb. 2 zeigt das Ergebnis (hier -0,31 GPa) für eine angenommene biaxiale Spannungsverteilung, berechnet mit der Software FilmDoctor der Firma SioMEC. Komplexere Hypothesen können ebenfalls leicht durchgespielt werden; auch ein hochaufgelöstes Profiling ist in Kombination mit dem NanoTest machbar. Für weitere Fragen zur Methode und Literaturhinweise stehen wir Ihnen gerne jederzeit zur Verfügung.