Heliumverflüssigung – Die ersten Installationen in Deutschland und den Niederlanden

Sehr viele Systeme in der aktuellen Forschung benötigen flüssiges Helium. Zum Beispiel kühlt Helium empfindliche SQUID-Sen­soren (Supercon­ducting Quantum Inter­ference Devices) oder supraleitende Magnetspulen. Bis vor kurzem gab es im Prinzip drei Möglichkeiten Geräte zu betreiben, die flüssiges Helium verbrauchen: 

  1. Helium „einzukaufen“
  2. das Gerät – falls möglich - auf eine kryogenfreie Konfiguration aufzurüsten und 
  3. einen industriellen Verflüssiger anzuschaffen. 

Alle diese Konzepte haben Nach­teile, wie z. B. die regelmäßige Abhän­gig­keit von einem Lieferanten hinsichtlich Preis und Verfügbarkeit (1.) oder der enorme Investitions- und Personalbedarf, der beim 3. Punkt zum Tragen kommt. Seit kurzem bietet unsere Mutterfirma Quantum Design mit dem kompakten Laborverflüssiger ATL eine weitere Lösung an. 

Die Produktentwicklung erfolgte in Zusammenarbeit mit GWR, Universität Zaragoza und CSIC.

Dieser Verflüssiger stellt eine kleine Revolution in der Heliumversorgung dar. Eine Anschaffung kann sich unter Umständen schon für einen einzigen Heliumverbraucher rechnen; es ist aber auch möglich mehrere ATLs zu kombinieren und damit den Heliumbedarf eines gesamten Instituts zu decken. In der Regel bewegt sich die Amortisation der Anschaffungskosten für einen ATL-Aufbau in einem vernünftigen Zeitrahmen. Der ATL ist besonders sinnvoll bei mittleren Heliumverbräuchen von etwa 10 l pro Tag bis zu mehr als 100 l pro Tag. 

Kürzlich haben wir die ersten ATL-Verflüssiger in Deutschland (Universität Münster) und in den Niederlanden (Universität Leiden) installiert.

Anwendungsbeispiel MEG an der Universität Münster

MEG steht für Magnetoenzep­halo­graphie. Der Begriff kommt vom griechischen „encephalon“ und „gráhein“ und steht für „Gehirn“ bzw. „schreiben“. Mit einem MEG-System werden die magnetischen Felder gemessen, die mit der neurophysiologischen Aktivität des Gehirns verbunden sind. Dazu stellt der Patient seinen Kopf in einen helmartigen Dewar in dem SQUID-Sensoren zur Messung eben dieser Felder eingebaut sind. Diese höchst sensitiven Sensoren müssen mit flüssigem Helium gekühlt werden und sind notwendig um die Magnetfelder eines aktiven Gehirns im Femto-Tesla-Bereich zu detektieren. Zum Vergleich 1 Femto-Tesla entspricht 10-15 Tesla (!) und ist etwa neun Größenordnungen kleiner als unser Erdmagnetfeld (ca. 50 mT in Mitteleuropa). Aus diesem Grund steht ein MEG-System auch in einer Abschirmkammer, die externe Felder unterdrückt und eine magnetisch ruhige Umgebung für das MEG-System erzeugt.

Professor Christo Pantev leitet das Institut für Biomagntismus und Bio­signalanalyse an der Universität Mün­ster und befasst sich unter anderem mit Forschungsthemen zum auditorischen System. Hierfür betreibt er ein MEG-System für welches Mitte November ein ATL-Verflüssiger installiert wurde. Der ATL steht natürlich außerhalb der Kammer und passt mit seiner Verflüssigungsrate von > 20 l/Tag gut zu dem typischen Heliumverbrauch des MEGs. Angeschlossen wurde der ATL an den MEG-Dewar über eine sogenannte „Direct Recovery“. Es ist uns eine besondere Ehre, dass wir einen so renommierten Forscher wie Professor Pantev als Kunden für den ATL gewinnen konnten. Neben den Ersparungen gegenüber einem direkten Kauf von flüssigem Helium sorgt der ATL auch für die Versorgungssicherheit des MEGs. 

Universität Leiden 

Das Crogenic Department in Leiden ist ein bedeutender Ort in der Geschichte der modernen Naturwissenschaft, denn hier hat Kamerlingh-Onnes 1908 zum ersten Mal überhaupt Helium verflüssigt. Heute betreibt es einen unserer ATLs. Der ATL ergänzt einen großen Verflüssiger und kann flexibel eingesetzt werden. 

Der Kunde in Leiden wurde über die Universität Zaragoza, die schon seit einigen Jahren ATLs als „Beta-Kunde“ testet und auch mit entwickelt hat, auf den ATL aufmerksam. 

Kontakt: Dr. Wilfred van der Geest, Cryogenic Department LION, Uni­versity of Leiden.

 

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