Anwenderbericht – Riesensterne und ihre riesigen Planeten
Landessternwarte, Zentrum für Astronomie, Universität Heidelberg, S. Reffert, M. Tala, P. Heeren, S. Sadegi (Oktober 2017)
Einleitung
Die Exoplaneten-Gruppe an der Landessternwarte Heidelberg hat einen hochauflösenden Spektrographen gebaut (Tala et al. 2016), der präzise Radialgeschwindigkeits-Messungen ermöglicht. Er hat eine Auflösung von 65.000 und wird in Verbindung mit einer Jod-Absorptionszelle als Referenz verwendet. Das fasergekoppelte Spektrometer ist mit dem 72 cm großen Waltz-Teleskop der Landessternwarte verbunden, welches sich auf dem Königsstuhl bei Heidelberg auf einer Höhe von 562 m NN befindet. Das Waltz-Teleskop (s. Abb. 1) wurde im Jahr 1906 in Betrieb genommen und ist technisch immer noch in einem sehr guten Zustand. Die Elektronik wurde auf den neuesten Stand gebracht, so dass es heute bequem per Computer gesteuert werden kann. Das Projekt ermöglicht Bachelor- und Masterstudierenden, echte wissenschaftliche Observationen durchzuführen.
Ziel
Das Ziel der Doppler-Untersuchung, die wir mit dem Waltz-Teleskop und dem Spektrographen durchführen wollen, ist es Exoplaneten zu finden, die Riesensterne in langen Umlaufbahnen umkreisen. Außerdem wollen wir potentielle stellare Begleiter zu bereits bekannten Exoplaneten charakterisieren. Diese Ziele wurden bei vorherigen Versuchen identifiziert, die am Lick Observatory in den USA von 1999 bis 2011 mit einem ähnlichen Setup durchgeführt wurden. Dabei wurden bisher 12 Planeten gefunden, z. B. Frink et al. 2002: Entdeckung eines ersten Planeten um einen Riesenstern, Trifonov et al. 2015: Entdeckung eines Zwei-Planeten-Systems um einen Riesenstern, Ortiz et al. 2016: Entdeckung eines Planeten in einem nahen spektroskopischen Doppelstern.
Iota Draconis
Ein Beispiel, dass es sich lohnt zu beobachten ist Iota Draconis (s. Abb. 2). Dieser Riesenstern hat einen ebenfalls riesigen Planeten mit einer Umlaufzeit von 511 Tagen und einer relativ langen sichtbaren Modulationsphase (über 20-30 Jahre). Letzteres kann darauf hinweisen, dass es sich um einen Braunen Zwerg handelt; um dies zu bestätigen sind jedoch weitere Beobachtungen nötig. Die Identifikation solcher Langzeit-Begleiter in Systemen mit bekannten Planeten schränkt mögliche Theorien zur Entstehung von Planeten ein.
Instrumente
Der hochauflösende Spektrograph der Landessternwarte Heidelberg ist in Abb. 3 zu sehen. Unten links im Bild sieht man den iKon-L 936 CCD-Detektor (DZ936N-BV) von Andor. Außerdem sichtbar sind die Gitterhalterung (rechteckig, Mitte des Bildes) und das Prisma (dreieckig, unterhalb der Gitterhalterung). Weiter rechts sieht man einen 30 cm Spiegel, der als Kollimator dient. Das Spektrometer ist über eine 25 x 100 µm-Faser angebunden (ebenfalls zu sehen in Abb. 3).
Es hat ein eigenes Gehäuse ohne aktiv temperatur- oder druckkontrolliert zu sein. Stattdessen wurde eine Jodzelle verwendet, deren Absorptionslinien als Referenzen für die Dopplerverschiebungs-Messungen dienen. Die Jod-Linien liegen bei zwischen 5000 und 6000 A.
Arcturus Spectrum
Am 10.06.17 wurde das erste Spektrum mit dem neuen Gerät aufgenommen: vom sehr hellen Riesen Arcturus, der einer der Sterne ist, die wir regelmäßig untersuchen (siehe Abb. 4). Die horizontal gekrümmten Linien sind die verschiedenen Ordnungen des Spektrographen; die darauf zu sehenden schwarzen Punkte stellen die Absorptionslinien dar. Um die Radialgeschwindigkeit möglichst präzise zu bestimmen (besser 5 m/s), müssen die Positionen mehrerer hundert dieser Absorptionslinien mit der Präzision des Bruchteils eines Pixels gemessen werden. Die relative Präzision, die mit der Dopplerverschiebung erreicht werden kann, liegt bei ungefähr 2x10-8. Die tatsächliche Dopplerverschiebung erhält man durch die Kombination des Sternspektrums ohne Jodzelle mit dem Spektrum der Jodzelle, so dass das beobachtete Spektrum des Sterns durch die Jodzelle bei einer gegebenen Epoche reproduziert wird. Die benötigte Verschiebung zwischen dem Sternspektrum und dem Jodspektrum entspricht der Dopplerverschiebung.
Referenzen
Sabine Frink, David S. Mitchell, Andreas Quirrenbach, Debra A. Fischer, Geoffrey W. Marcy, R. Paul Butler ‘Discovery of a Substellar Companion to the K2 III Giant iota Draconis’, ApJ 576, 478, 2002
Mauricio Ortiz, Sabine Reffert, Trifon Trifonov, Andreas Quirrenbach, David S. Mitchell, Grzegorz Nowak, Esther Buenzli, Neil Zimmerman, Mickaël Bonnefoy, Andy Skemer, Denis Defrère, Man Hoi Lee, Debra A. Fischer, Philip M. Hinz: ‘Precise radial velocities of giant stars IX. HD 59686 Ab: a massive circumstellar planet orbiting a giant star in a ~13.6 au eccentric binary system’, A&A 595, A55, 2016
Tala, M., Heeren, P., Grill, M., Harris, R.J., Stürmer, J., Schwab, C., Gutcke, T., Reffert, S., Quirrenbach, A., Seifert, W., Mandel, H., Geuer, L., Schäffner, L., Thimm, G., Seemann, U., Tietz, J., Wagner, K. ‘A high-resolution spectrograph for the 72cm Waltz Telescope at Landessternwarte, Heidelberg’, Proc. SPIE 9908, 2016
Trifon Trifonov, Sabine Reffert, Xianyu Tan, Man Hoi Lee, Andreas Quirrenbach ‘Precise radial velocities of giant stars VI. A possible 2:1 resonant planet pair around the K giant star eta Cet’, A&A 568, A64, 2014
Kontakt
Dr. Sabine Reffert, Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg Landessternwarte, Königstuhl 12, 69117 Heidelberg
Tel.: 06221 541713, E-Mail: sreffertlsw.uni-heidelberg.de www.lsw.uni-heidelberg.de/users/sreffert
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