Abgeschwächte Totalreflexion ATR – Grundsätzliches, Bandenverzerrung und Bandenverschiebung
Interne Reflexion tritt auf, wenn Infrarotstrahlung in einen ATR-Kristall eintritt, der aus einem hochbrechenden, IR-durchlässigen Material besteht. Der Kristall ist so konstruiert, dass er eine interne Reflexion ermöglicht, wodurch eine evaneszente Welle an der Kristalloberfläche entsteht. Diese Welle breitet sich in einer Probe aus, die in engem Kontakt mit dem Kristallmaterial ist. So können als Ergebnis Absorptionsspektren aufgenommen werden.
Ein großer Vorteil der ATR-Spektroskopie ist die einfache bzw. entfallende Probenpräparation. Aufgrund der hohen mechanischen Stabilität und chemischen Resistenz hat sich die Diamant-ATR als die vielseitige Routinemethode in unzähligen Labors zur Untersuchung von festen und flüssigen Proben etabliert
- Minimale bis keine Probenvorbereitung, damit Analyse von Proben in ihrer natürlichen Form.
- Dicke oder stark absorbierende Proben messbar.
- Sehr dünne Proben messbar, da keine Störung durch Interferenzen.
- Oberflächensensitiv. Bei Materialien, die aus mehreren Schichten bestehen, wird nur die oberste Schicht erfasst.
- Probe ist im direkten Kontakt zum ATR-Kristall, dadurch ist Kontamination durch vorhergehende Probe möglich.
- Nicht anwendbar bei rauen Proben und sehr harten Materialien, die nicht in Kontakt mit dem ATR-Kristall gebracht werden können.
Weitere Informationen
Wie abgeschwächte Totalreflexion funktioniert
Abbildung 1: Grafische Darstellung einer Einfach-Reflexions-ATR
Abbildung 1 zeigt das Prinzip einer Einfach-Reflexions-ATR, bei der IR-Licht aus einem Spektrometer im ATR-Kristall intern reflektiert wird und mit der Probe an der Kristallgrenzfläche wechselwirkt. Die partielle Durchdringung des IR-Lichts durch eine evaneszente Welle ermöglicht die Aufnahme eines Absorptionsspektrums.
Das Absorptionsvermögen und die Eindringtiefe (dp) der evaneszenten Welle hängen von folgenden Faktoren ab:
- dem Brechungsindex des Kristalls, n1
- dem Brechungsindex der Probe, n2
- dem Einfallswinkel, θ
- der Wellenlänge des Lichts, λ
Tabelle 1 zeigt die physikalischen Eigenschaften verschiedener ATR-Kristalle und den Wert von dp bei n2 = 1,5, 0 - 45° und λ = 10 µm. Der typische Wert von dp liegt je nach Kristall im Bereich von 2-4 µm.
Ein Ge-Kristall bietet zum Beispiel eine geringere Probeneindringtiefe als ein ZnSe-Kristall, was ideal für stark absorbierende Proben ist. Sein effektiver IR-Absorptionsbereich ist jedoch begrenzt, wohingegen ein Bereich von 4000-400cm-1 durch die Verwendung des erweiterten monokristallinen Typ IIIa-Diamantkristalls erreicht werden kann.
Crystal | n1 | dp µm | IR range / cm 1 | Uses |
ZnSe | 2.4 | 2.01 | 7800 – | General |
Diamond | 2.4 | 2.01 | 7800 – | Harder & chemically |
Extended Diamond | 2.4 | 2.01 | 10000 – | Shorter freq. |
Ge | 4.0 | 0.66 | 5500 – | Highly conc. samples |
Tabelle 1: Physikalische Eigenschaften der ATR-Kristalle.
Abbildung 2 zeigt, dass ZnSe und Diamant ähnliche Brechungsindizes haben und daher ähnliche Eindringtiefen aufweisen, während Ge sich deutlich unterscheidet und daher eine geringere Eindringtiefe bietet.
Intensität der Absorptionsbanden
Bei höheren Frequenzen ist die relative Absorption einer Probe in dem mit der ATR aufgenommenen Spektrum geringer. Dies liegt daran, dass die Eindringtiefe von IR-Licht in die Probe vom Brechungsindex des Kristalls abhängt, der sich in Abhängigkeit von der Frequenz ändert.
Abbildung 2: Der Brechungsindex von Ge, ZnSe und Diamant.
Abbildung 3 zeigt detaillierter, wie sich der Brechungsindex von ZnSe mit der Wellenlänge bei Standard-Raumtemperatur und -Druck ändert.
Folglich ändert sich die Eindringtiefe mit dem Brechungsindex und damit die Menge des von der Probe absorbierten Lichts.
Abbildung 3: Der Brechungsindex von ZnSe
Zusammenfassung der Grundlagen
Die Eindringtiefe der evaneszenten Welle in die Probe ist eine Funktion des Kristallmaterials und des Einfallswinkels des IR-Strahls. Ein tieferes Eindringen in die Probe wird entweder mit einem kleineren Einfallswinkel oder einem ATR-Kristall mit niedrigerem Brechungsindex erreicht. Im Allgemeinen nimmt die Eindringtiefe mit zunehmender Wellenlänge des Lichts zu.
Spektrale Effekte in der ATR und die Unterschiede zu Transmissionsspektren
Wenn ein Infrarotspektrum mittels ATR-Spektroskopie aufgenommen wird, unterscheidet es sich vom Transmissionsspektrum für dieselbe Probe. Die Unterschiede lassen sich durch die grundsätzliche Art und Weise erklären, wie die Probeninformation erfasst wird. Grundsätzlich handelt es sich bei der Transmissionsspektroskopie um den Durchgang von Licht durch die gesamte Probe, während bei der ATR-Spektroskopie das Licht durch den Durchgang (evaneszente Welle) in die Oberfläche der Probenspezies interagiert. Keine der beiden Methoden kann als das "richtige" Spektrum angesehen werden kann - sie sind einfach unterschiedlich. Da es viele Spektrenbibliotheken mit Transmissionsmessungen gibt, ist es hilfreich, die Unterschiede zu verstehen.
Die Unterschiede in den Spektren lassen sich als Wellenlängenabhängigkeit, Bandenverzerrung und Bandenverschiebung beschreiben und können folgendermaßen erklärt werden.
Wellenlängenabhängigkeit
Bei der Transmissionsmessung einer Probe durchlaufen alle Wellenlängen die gleiche physikalische Gesamtdicke des Probenmaterials. Bei einer ATR-Messung hingegen ist die Eindringtiefe des Lichts eine Funktion sowohl der Wellenlänge, als auch des Unterschieds der Brechungsindices zwischen Probe und ATR-Kristall. Dies hat zur Folge, dass sich die Bandenintensitäten bei verschiedenen Wellenlängen zwischen einer Transmissionsmessung und einer ATR-Messung desselben Materials unterscheiden werden. Die Eindringtiefe (und damit die scheinbare Absorptionsintensität des Materials) steigt linear mit der Wellenlänge. Banden bei langen Wellenlängen erscheinen relativ stärker als Banden bei kurzen Wellenlängen. Dieser Effekt kann mathematisch korrigiert werden, um ein "transmissionsähnlicheres" Spektrum zu erhalten. Die meisten Geräte-Softwarepakete enthalten einen "ATR-Korrektur"-Algorithmus, um dies zu tun. Beachten Sie aber, dass diese Algorithmen keine Änderung des Brechungsindexes der Probe mit der Wellenlänge berücksichtigen - da dieser aber normalerweise recht klein ist, wird er einfach ignoriert.
Bandverschiebungen
Bandverschiebungen (Verschiebung der Peak-Wellenzahlposition) treten aus zwei Hauptgründen auf.
- Breite Banden können aufgrund der wellenlängenabhängigen Änderung der Eindringtiefe über die Bande (wie oben beschrieben) leicht zu längeren Wellenlängen verschoben werden. Dies wird mit demselben ATR-Korrekturalgorithmus korrigiert, der verwendet wird, um "transmissionsähnlichere" Bandenintensitäten zu erhalten.
- Bei vielen Materialien kann sich der Brechungsindex über eine Absorptionsbande hinweg erheblich ändern. Dadurch variiert die Eindringtiefe über die Bande und wird im Vergleich zum Transmissionsspektrum zu längeren Wellenlängen "verzerrt". Das Ausmaß der Verschiebung hängt von der Brechungsindexänderung über die Bande ab und ist für verschiedene Banden im Spektrum unterschiedlich. In der Praxis sind diese Verschiebungen in der Regel nicht ausreichend, um Probleme bei der Suche in der Bibliothek zu verursachen.
Bandenverzerrung
Manchmal können bei ATR-Messungen die Absorptionsbanden im Vergleich zu den Banden bei Transmissionsmessungen leicht asymmetrisch werden. Die Änderungen in der Bandenform entstehen durch die schnelle Änderung des Brechungsindex der Probe über die Banden hinweg. Der Brechungsindex der Probe variiert von einem niedrigen Wert auf der kurzwelligen Seite der Bande bis zu einem hohen Wert auf der langwelligen Seite. Dies führt dazu, dass die effektive Eindringtiefe ebenfalls schnell zur langwelligen Seite hin ansteigt und so die charakteristische Bandenverzerrung verursacht. Der Effekt ist stärker ausgeprägt, wenn die ATR in der Nähe des kritischen Winkels arbeitet (wo die effektive Eindringtiefe gegen unendlich geht).
Die beste Empfindlichkeit einer ATR wird in der Nähe des kritischen Winkels erreicht. Der kritische Winkel variiert jedoch in Abhängigkeit vom Brechungsindex der Probe. Das bedeutet, dass Materialien mit hohem Index (z. B. einige Polymere) näher am kritischen Winkel sind, als die meisten Proben mit einem niedrigeren Index. Wenn die Probe außerdem eine signifikante Variation des Brechungsindex über ihre Absorptionsbanden aufweist, wird die Verzerrung sehr deutlich.
Es gibt mehrere Lösungen, um den Effekt zu minimieren.
- Die erste ist, ihn zu ignorieren (er ist für die meisten quantitativen Analysen irrelevant, da er zwischen den Kalibrierungs- und Probendaten vollständig reproduzierbar ist).
- Die zweite ist, ein ATR-Material mit höherem Brechungsindex zu verwenden. Bei einem Germanium-Kristall ist der kritische Winkel viel kleiner, so dass der Effekt stark reduziert ist. Der Nachteil ist jedoch, dass auch die Empfindlichkeit der ATR reduziert wird.
- Die dritte Möglichkeit besteht darin, einige der Strahlen in der ATR, die nahe am kritischen Winkel liegen, mittels einer Maske auszublenden. Der Energieverlust ist sehr gering (weil die Strahlen in der Nähe des kritischen Winkels ohnehin stark absorbiert werden), die Verbesserung der Bandform hingegen ist signifikant.
Schlussfolgerungen
Keine dieser Beobachtungen deutet auf einen "Fehler" in der Technik oder dem Zubehör hin. Alle ATR-Messungen zeigen diese Effekte, das Ausmaß der Bandverzerrung kann zwischen verschiedenen Zubehören variieren. Wenn ein ATR-System weniger Bandverzerrung zeigt, arbeitet es weiter vom kritischen Winkel entfernt oder mit einem Kristall mit höherem Brechungsindex und ist daher weniger empfindlich.
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